Trainingshalle

Lautes Zischen, wenn Stahl die Luft durchschneidet, das typische Klirren von Metall auf Metall und die typischen Schreie von zwei sich duellierenden Wesen hallten der hohen Decke der Trainingshalle des Jedi-Tempels von Tyhthon entgegen.
In der etwas tiefer gelegenen Ebene der Trainingshalle, die von den jüngeren Jedi scherzhaft die Arena genannt wird, duellierten sich an diesem Morgen zwei Ritter mit höchster Konzentration und beeindruckender Geschwindigkeit.
Er trug die gepanzerten Beinteile seiner Jedi-Rüstung, sie die typischen Stiefel und Hose ihrer Jedi-Robe. Beide hatten auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam in der Wahl ihrer Kleidung, doch waren beiden die dunkelgrauen Unterhemden gemein, die sie statt normalen Tuniken zu diesem Training trugen.
Beide Ritter kämpften mit jeweils zwei Schwertern in Händen, sie drehten sich um den anderen und deckten den anderen mit Schlägen ein, jeder Schlag von einem Schrei begleitet. Sie waren beide hervorragende Schwertkämpfer und keiner konnte den anderen übertrumpfen.
Wo er direkt, stark und agressiv war, war sie elegant, tänzerisch und stichelnd. Beide nutzten in diesem Duell das Ataru, wobei die Ritterin mehr Sprünge, Salti und andere akrobatische Kunststücke einbaute, als er es tat. Es war der Tanz eines Paares, das sich gegenseitig austeste und seine Grenzen auslotete, um sie dann zu erweitern und sich neue Grenzen zu stecken.
Mitten im höchsten Duell hielten beide plötzlich inne, eine Klinge in hoher, die andere in niederer Haltung gekreuzt. Sie waren sich nahe, die Nasenspitzen berührten sich fast.

Keeyvans Herz schlug ihm rasend schnell bis zum Hals, sein Atem ging schnell und auf seiner Stirn standen Schweißperlen. Er und Illyanna hatten den ganzen Morgen trainiert und dieses Duell endete wie alle anderen davor, in denen die beiden Jedi-Ritter sich gegenüber gestanden hatten: Sie waren sich nah... so nah wie nur möglich und beide hatten sie keine Hand frei, um den anderen zu berühren.
Sie waren beide Meister mit dem Schwert und er bemerkte es jedes Mal aufs Neue, dass Illyanna ihn an seine Grenzen trieb, sie stetig ausweitete und ihn nur durch ihr Können und die blitzenden Spitzen ihrer Klingen dazu trieb, sich selbst immer mehr abzuverlangen, bis er besser und besser wurde.
"Dein Salto vorhin hätte fast mein Ende bedeutet", sagte er mit einem leichten Lächeln. "Hättest du meinen steifen Nacken ausgenutzt, hättest du heute gewonnen." Er löste die Schneiden seiner Übungsschwerter von den ihren, beugte sich etwas vor und küsste sie. "Und ich häts dir gegönnt."
Der Jedi Ritter ging mit den Schwertern zum Waffenständer am Rand der "Arena" und hängte sie an ihre vorgesehenen Plätze, bevor er sich mit einem Handtuch abtrocknete; ein anderes war er Illyanna zu. "Hast du das heute Morgen auch gespürt? Diese Erschütterung in der Macht, meine ich."

Illyanna richtete ihre Robe und lächelte geheimnisvoll. Schweigend trocknete sie die Schweißperlen von ihrer Stirn ab und wischte sich über den Nacken. Alles, was sie tat, wie sie sich bewegte und verhielt, war ein harmonischer Einklang: ruhig, zurückgehalten, bedacht und sorgfältig. Ihre langen, blonden Haare hatte sie vor dem Training zu einem Pferdeschwanz gebunden, was sich als eine gute Entscheidung entpuppte: es klebte nichts an der Haut oder störte dadurch. Doch als sie sich abgetrocknet hatte, löste sie den Zopf. Einem Wasserfall leuchtenden Lichts gleich fielen ihre Haare den Rücken hinab, geschmeidig und duftend nach Gänseblümchen. Sie sagte nichts zu Keeyvans Bemerkung, es wäre ein Unentschieden geworden, weil er einen verspannten Nacken hatte... Im Grunde fand sie seine Versuche sich bei ihr zu behaupten ganz süß. Doch nur das Universum wusste, wer von den beiden eventuell besser als der andere war. Die beiden Jedi-Ritter wussten es nicht und hatten bislang auch nicht das Bedürfnis verspürt es herauszufinden.

"Ja, das habe ich...", antwortete Illyanna. Ihr Gemüt sprach Warnung, Besorgnis und Wachsamkeit aus. Eigentlich war es erschreckend gewesen. Die Welt unter ihren Füßen hatte förmlich gebebbt, die Luft vibriert und das Blut hatte in den Adern gestockt. Als hätte das Universum einen Herzschlag ausgesetzt. Einen beunruhigenden Herzschlag, der einfach fehlte. Etwas hatte eine Disharmonie in der Welt der Lebenden ausgelöst, eine schreckliche Verstimmung, eine ..Nuance zu tief. Illyannas graublaue Augen sahen traurig in die von Keeyvan. Ein trauernder, erschütterter Ausdruck, dem einen das Herz im Leibe zerspringen lassen konnte. "Es schmerzt, soetwas verspüren zu müssen... Doch gleichzeitig ist da eine abscheuliche Verhöhnung. Eine grauenhafte Warnung..."

Keeyvan kleidete sich wieder an, bevor er wieder die Rüstungsteile seiner Panzerung befestigte. Der Mantel mit den Halbärmeln folgte. Für einen Moment suchte der Jedi-Ritter seine Lichtschwerter, bevor er sie fand und an den Gürtel hängte.
"Meister Horen hat mir da was erzählt", begann er. "So etwas ist schon mal passiert, vor 300 Jahren, als Darth Nihilus Katarr zerstört hat... aber Nihilust ist tot und ich glaube kaum, dass ein Sith solche Techniken inzwischen gemeistert hat..." Er dachte einen Moment über seine Worte nach. "Ja gut, die Gerüchte um diesen Kriegsmeister existieren zwar, aber ich glaubs nicht." Er sah seine Geliebte an. "Nenn es naive Angst, aber ich hoffe wirklich, dass die Erzählungen von Ritterin Leneer übertrieben sind... und dieser Ravenor kein zweiter Nihilus ist... und unser Feind ebenso bluten kann wie du und ich."
Keeyvan senkte den Blick und blickte auf den Boden. Das Leder seiner schwarzen Handschuhe knarrte leise, als er seine Hände zu Fäusten ballte. "Ich bin bescheuert, oder?"

Illyanna lauschte aufmerksam Keeyvans Worten. Sie lächelte traurig, dann schmunzelte sie. Vielleicht hatte er es nicht bemerkt, doch er schaffte es stets, ihr Gemüt zu erhellen. "Viele glauben Angst ist der Pfad zur dunklen Seite... Ich glaube, dass es ein positives Gefühl sein kann.. solange man sich von dieser Angst nicht einvernehmen lässt. Angst kann dich stärken, wenn sie dich nicht zerstört." Es passiert nicht oft, dass Illyanna Zärtlichkeit zeigt, doch sie legte eine Hand sanft auf seine Wange. "Und du bist ein wunderbarer Mann, Keeyvan. Dein Temperament, deine Leidenschaft, dein Mut.."Sie streichelte ihn liebevoll, dann senkte sie die Hand wieder. "Und wir finden einen Weg, jedem Wesen seine menschliche Seite aufzuzeigen: Die sterbliche."

Er berührte ihre Hand auf der Wange mit der Seinen. "Und du hast immer einen klugen Spruch parat, wenn ich mal wieder meine total abwegigen Gedankengänge habe", grinste er und beugte sich erneut vor, um sie zu küssen. "Aber ich glaube, deswegen funktionieren wir zwei auch so gut: Wir ergänzen den anderen einfach." Er löste sich von Illyanna und reichte ihr ihre Kleidung. "Hat dir der Rat eigentlich bereits angetragen, einen Padawan zu nehmen? Meister Horen hat es heute Morgen bei mir versucht, aber du kennst ja meine Einstellung zu dem Thema..."
Er verzog das Gesicht. Keeyvan und Padawane war so eine Sache... er wusste partout nichts mit den Zöglingen der Jedi anzufangen und ging ihnen so weit es ihm möglich war aus dem Weg. Auch verweigerte er stets das Ausbildungsgesuch des Rates oder eines Padawan selbst. Der Jedi-Ritter fühlte sich dazu einfach nicht willens. Es war eine innere Sperre, für die ihn der alte Twi'lek, der ihn ausgebildet hatte, schon mehrfach getadelt hatte.

Schüchtern sah sich Illyanna um, als Keeyvans Lippen sich von den ihren lösten. Es war ihr etwas peinlich, wenn Keey seine Anflüge hatte, ihre Beziehung öffentlich zu zeigen. Illyanna selbst störte sich zwar nicht daran, doch stehts wurde sie rot. Darüber hinaus ist es nicht einmal gern gesehen, wenn Jedi das höchste Gefühl von allen entdecken und verinnerlichen: Die Liebe. Toleranz ist zwar ein großes Augenmerk des Ordends.. trotzdem schien dieses Gefühl des Friedens eher vermieden zu werden. "Das nennt man Weisheit, Dummkopf", erwiderte Illyanna feixend auf seine erste Aussage. Als er die Padawane ansprach schien er bei ihr jedoch unbewusst einen wunden Punkt getroffen zu haben. "Ich... nein, ich möchte nicht." Es war ab und an erschreckend wie ähnlich sich Keeyvan und Illyanna waren: Die unbeschreibbare Vorliebe für den Schwertkampf, die Vergangenheit, die stets eine Herrausforderung war, ihre Ruhe, ihr Denken.. die Vernarrtheit für Pudding. Und die Haltung, kein Ausbilder sein zu wollen. Auch wenn Illyannas Gründe sich denen von Keey weit unterschieden. Sie würde niemals seinen Platz einnehmen wollen... Illyanna war nicht bereit, soweit zu gehen und Malik selbst zu ersetzen. Nicht heute und auch nicht morgen.. "Nein, dafür bin ich nicht bereit." Sie faltete die Hände vor dem Körper, senkte den Blick und ihre Daumen strichen abwechselnd über ihre Finger.

Keeyvan wusste, weshalb Illyanna diese Aufgabe nicht annahm. Er wollte sich wegen seiner Dummheit selbst ohrfeigen, weil er nicht dran gedacht hatte, dass Illyanna sich immer noch wegen Meister Ninurtas Tod quälte.
Der Jedi-Ritter zog Illyanna in seine Arme und drückte sie kurz. "Tut mir leid, Illy", murmelte er und küsste sie auf die Stirn. "War mein Fehler. Kommt nicht wieder vor." Er löste sich von ihr und blickte hoch zur Decke der Trainingshalle, bevor er mit den Schultern zuckte und wieder zu seiner Gefährtin blickte. "Glaubst du, der Rat würde... ja sagen, wenn ich ihnen sage, dass ich mit dir eine Verbindung eingehen möchte?", fragte er Illyanna vorsichtig.
Sie hatten schon mal darüber gesprochen, allerdings war das auf irgendeinem Planeten gewesen und beide hatten damals einen nicht gerade zurechnungsfähigen Gesundheitszustand gehabt. Seither hatten sie nicht mehr darüber gesprochen. "Ich meine nur wenn du willst."

Sie ließ sich gerne von ihm drücken, doch seine Themenwechsel heute morgen, gingen ihr irgendwie etwas zu schnell. Er hetzte sie im Moment von einem Gefühlszustand in den nächsten. "Stimmt etwas nicht, Keeyvan?" fragte sie unsicher, denn sie war es nicht gewohnt, dass er innerhalb von ein paar Minuten so viele Themen so schnell ansprach, über die man eventuell in einer Trainingshalle nicht sprechen sollte. "Du.. hast viele Gedankensprünge."
Illyanna hoffte, ihm würde nicht auffallen, dass sie dieses Mal selbst versuchte das Thema zu wechseln. Natürlich liebte sie Keeyvan.. dazu brauchte sie ihn, genauso wie er sie brauchte. Doch zugegebenermaßen war ihr es unheimlich Gefühle zu offenbaren. Sie hatte die letzten Jahre so zurückgezogen von sich selbst gelebt, Gefühle minimiert und nur an ihre Aufgaben und Aufträge gedacht, damit verbunden an die Bedürfnisse anderer, dass sie sozusagen vergessen hatte, auch einmal an sich zu denken. Es viel ihr schwer über ihre Gefühle zu sprechen, geschweige denn darüber nachzudenken. Keey war manchmal ein kleiner Wirbelwind, sie hatte bemerkt, dass er mit Gesprächen Unsicherheit zu verdecken versuchte... Deshalb dachte sie, es wäre irgendetwas im Busch. "Also, was ist los?"

"Ich...", begann der Ritter und dachte einen Moment darüber nach. "Weiß nicht... diese Schwingungen in der Macht... dieses.... ziehende Gefühl.... es macht mir Angst." Er löste sich von Illyanna und ging ein paar Schritte von ihr weg, sah sich in der Halle um.
"Bisher waren die Sith für mich klare Gegner... Gegner, die ich einschätzen konnte... aber jetzt.... wenn sie das waren, die das ausgelöst haben, dann werden sie zu etwas... ungreifbarem..." Er blieb stehen und drehte sich wieder zu ihr herum. "Verstehst du, was ich meine? Sie werden zu etwas, was wir auch in unseren Köpfen bekämpfen müssen... und das macht mir Sorge... große Sorge." Mit der Macht griff er nach einem Trainingsschwert und ließ es ein wenig durch den Raum schweben, immer die linke Hand leicht erhoben, um es zu lenken. "Furcht ist der Pfad zur Dunklen Seite... aber was ist, wenn Furcht in diesem Fall berechtigt ist?"

"Wenn du zulässt, dass die Furcht Herr über dich wird, haben sie erreicht, was sie beabsichtigt haben." Illyannas Hand legte sich auf seine Wange, als sie zu ihm gekommen war. "Lass dich stattdessen von ihr leiten. Fürchte, fürchte den Tod deiner Freunde, fürchte jene in Gefahr, die du beschützen möchtest. Aber fürchte niemals den Feind." Tief sah sie in seine Augen, versuchte ihm Mut zu machen, ihn ihm die Leidenschaft für den Kampf wecken. "Darüber hinaus haben sie uns zu fürchten, nicht wahr?"

Keeyvan nickte still bei Illyannas Worten, ehe er grinste. "Denn wir fürchten weder Tod noch Hölle", widerholte er die Worte, die die beiden schon sooft einander gesagt hatten, wenn sie ein ums andere Mal dem Tod in die Augen geblickt hatten. Keeyvan umfasste ihre Hand und drückte sie.
"Ich habe heute Morgen eine Nachricht bekommen...", begann er und wurde ernst. "Das Sky-Corps ist gegründet worden... und man bittet uns beide, eine Brigade zu führen." Keeyvan suchte ihren Blick. Er wusste, dass Illyanna genug von Schlachten hatte... aber sie mussten diesen Krieg führen... diesen letzten Krieg. "Ich habe lange darüber nachgedacht.... sehr lange. Sie haben gesagt, sie würden es uns nicht übel nehmen, wenn wir im HQ nicht auftauchen, aber ich habe gemerkt... wie wichtig es ihnen ist, dass wir dabei sind. Du und ich, wir haben schon mehr Schlachten geschlagen als viele andere Jedi. Wir wissen, wie es abläuft und werden deshalb keine Fehler machen. Wir sind es der Republik schuldig und das ganze war deine und meine Idee. Wenn wir nicht kämpfen? Wer dann? Irgendwelche unerfahrenen Ritter, die die Männer in den Tod schicken, anstatt sie vielleicht sogar zu retten."
Der Ritter blieb ruhig und sah seine Gefährtin an. "Unsere Idee, Illy... also sollten wir das durchziehen... was meinst du? Das packen wir. Nochmal den Sith zeigen wos lang geht."

"In Ordung." Illyanna sagte nichts weiter. Lange hatte sie Keeyvan angesehen und überlegt, lange hatte sie abgewogen, nachgedacht, doch schließlich war ihr etwas aufgefallen. Wozu war sie denn sonst hier? Natürlich zum Kämpfen, zum Retten, zum Siegen. Es wäre dumm sich in einer Trainingshalle zu verstecken und sein kämpferisches Potenzial nicht auszuschöpfen. Was auch immer Keeyvan über sie dachte, sie war letztlich doch eine Kriegerin, eine Schülerin Ninurtas. Und das bedeutete alles. "Erzähl mir mehr von unserer neuen Mission."

Keeyvan nickte und ging mit ihr zum Ausgang. "Wir sind beide Generäle der ersten Brigade. Unsere Mission führt uns nach Chazwa, um diese Welt zu befreien. Chazwa ist eine Festungswelt, die stark befestigt ist und derzeit unter Sith-Okkupation steht. Soweit ich das verstanden habe, müssen wir diese Welt befreien, um einen Brückenkopf in den Outer Rim und nach Dantooine zu bekommen. Dorthin will die Republik sich zurück ziehen, um einen Rückzucksort zu haben. Aber das geht erst, wenn wir Chazwa gesichert haben."
Er grinste zu stieß seine Partnerin mit dem Ellenbogen an. "Hängt also mal wieder das Schicksal der ganzen Republik von uns ab, was?"

tbc: Provisorisches Hauptquartier der Republikanischen Armee